“Du machst mich immer wieder stolz, Rhiscea”
L?chelnd steht die Oberin vor ihrer Tochter.
“Danke, Mutter, ich gebe mir Mühe”, nimmt die Fürstin das Lob ihrer Mutter entgegen.
“Du hast dir einen Lohn für deinen au?erordentlichen Erfolg verdient. Sag, was wünschst du dir?”
Die Oberin steht l?chelnd vor ihr, auf eine Antwort wartend. Einige Momente lang überlegt Rhea. Es g?be vieles, das sie haben oder ?ndern wollen würde, doch nichts davon steht in der Macht ihrer Mutter. Ihr mag das halbe K?nigreich zu Fü?en liegen, doch sie ist nicht allm?chtig.
Schlie?lich antwortet sie: “Ich würde mir das gerne noch überlegen.”
“Aber natürlich”, stimmt die Oberin verst?ndnisvoll zu, “ich werde mein Versprechen nicht vergessen.” Dann wendet sie sich dem Vampir zu.
Rhiscea tritt zur Seite um der Oberin den Weg frei zu machen, als diese n?her an den Hybriden herantritt.
Die Garde, welche den Elfen zwischen sich h?lt, verbeugt sich tief vor der Oberin, nur der Elf richtet sich noch weiter auf und reckt das Kinn nach oben, w?hrend er mit hasserfüllten Augen die Frau vor sich anstarrt.
Mit einem absch?tzigen Blick misst sie die Kreatur vor ihr von oben bis unten ab. Das mütterliche L?cheln ist bereits giftiger Abscheu und einer Spur Zorn gewichen.
“So sieht man sich wieder”, zischt sie durch zusammengebissene Z?hne.
Anders als bisher hallt ihre Stimme diesmal nicht durch den Saal, sondern ist leise genug, dass sie selbst Rhiscea, die nur einige Schritte entfernt steht, kaum h?ren kann.
Der Hybrid schnaubt nur ver?chtlich als Antwort.
Verwirrt blickt Rhiscea zwischen ihrer Mutter und dem Vampir hin und her. Wieso spricht sie davon, ihn ‘wieder’ zu sehen? Kennen sich die beiden tats?chlich?
Hie? das, der Vampir hatte nicht gelogen, als er behauptete, er würde die Oberin pers?nlich kennen? Aber wie und seit wann? Und wieso wusste sie nichts davon?
Ein Dutzend weiterer Fragen beginnen sich in ihrem Geist zu drehen, doch noch bevor sie auch nur auf eine einzige eine Antwort finden kann, werden ihre Gedanken von der schallenden Stimme ihrer Mutter unterbrochen.
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Sie klatscht in die H?nde und verkündet: “Wir k?nnen beginnen!”
Mit einigen schnellen, aber dennoch würdevollen Schritten begibt sie sich wieder zu ihrem Thron zurück und nimmt darauf Platz.
Der Hybrid blickt verwirrt umher, als er von der Garde auf die Knie gedrückt wird.
Eine junge Hexe, ganz in wei? gekleidet, erhebt sich aus der Menge und nimmt von jemandem ein langes, samtenes Kissen entgegen. Erst als sie n?her an Rhiscea herantritt, erkennt diese ein zeremonielles, mit Edelsteinen geschmücktes Schwert, das in dem weichen Polster eingebettet ist.
Kurz z?gert sie und wirft einen Blick in die Menge um sich herum. Sie hatte nicht erwartet, den Elfen selbst hinzurichten.
Die Oberin scheint dies bemerkt zu haben, denn sie unterbricht die Zeremonie, indem sie noch einmal kurz das Wort ergreift:
“Ich haben mir gedacht, dass es unpassend w?re, jemanden anderen als dir diese Würde zukommen zu lassen.”
“Danke, es ist mir eine Ehre”, antwortet die Fürstin, bevor sie nach dem Schwert greift.
Als sie es hochhebt, überrascht sie das Gewicht der Waffe. Sie wurde allein zum Zweck einer Hinrichtung geschmiedet und Rhea zweifelt keine Sekunde daran, dass die Klinge scharf genug ist, um einen Finger in der Luft sauber zu durchtrennen.
Sie schwingt es probeweise einige Male vor sich, bevor sie sich zum Hybriden wendet.
Dem Vampir, der sie bis dahin nur besorgt beobachtet hat, weicht alle Farbe aus dem Gesicht, als er endlich begreift. Er beginnt panisch an den Ketten zu zerren und schafft es sogar, einen unaufmerksamen Ritter kurz stolpern zu lassen, doch die drei anderen Wachen greifen ihn nur umso fester.
Die Augen weit aufgerissen und Z?hne vor Anstrengung gefletscht, starrt er angsterfüllt das Schwert in Rhisceas Hand an.
Die Fürstin wiegt das Schwert in ihrer Hand. Auch wenn sie nocht unbedingt darauf vorbereitet ist, selbst die Scharfrichterin des Vampirs zu sein, ist sie der Idee nicht abgeneigt. Sie hat ihn gejagt, sie hat ihn gefangen und sie wird seinem Leben ein Ende setzen. So fühlt es sich für sie nur natürlich an.
Als sie einen Schritt auf den Verurteilten zugeht, drücken zwei der Ritter seinen Kopf nach unten und entbl??en ihr damit seinen Nacken. Noch ein letztes Mal blickt er zu ihr hoch, flehentlich, seine Miene vor Todesangst verzerrt, bevor die Garde sein Gesicht Richtung Boden dreht.
Sie greift das Schwert mit beiden H?nden. Eigentlich hatte sie darauf gewartet, dass sie den Kopf des Elfen auf einen Holzblock legen, doch das schien nicht geplant. Egal wie viel Achtung sie vor diesem Meisterwerk an Waffe hat, es würde schwer werden, damit einen in der Luft h?ngenden menschlichen Hals zu durchtrennen. Selbst wenn sie Glück h?tte, würde sie mindestens zwei Anl?ufe brauchen.
Es würde kein schneller Tod werden.
Der Elf erbebt am ganzen K?rper und ein leises Wimmern entf?hrt seinen Lippen.
Sie hebt die Waffe über ihren Kopf.
Eine Tr?ne tropft auf den marmornen Boden unter ihn.
Der Fluss der Zeit selbst scheint zu stocken, als sie das Schwert gegen Boden sinken l?sst. Zuerst langsam, dann immer schneller n?hert sich die Klinge dem Verurteilten.
Unerwartet stemmt sich etwas in Rheas Geist gegen den Anblick. Die im Moment unbewegte Klinge über seinem mageren Nacken, die Furcht in seinem Gesicht, seine krampfhaft verschlossenen Augen, sein bebender K?rper und die Tr?nen auf dem wei?en Marmor unter ihm.
In diesem Moment bricht etwas in Rhiscea und als das Schwert zum Stehen kommt, hinterl?sst es nur eine dünne, rote Linie auf dem Hals des Elfen.
N?chstes Kapitel: 23.01. “Verfrühter Lohn”