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019.1 Erniedrigung

  Amalie sa? auf einem wackligen Stuhl im obersten Zimmer des Turmes. Sie hatte nun schon einige Zeit gehabt, um über allerhand Dinge nachzudenken. Nach dem Vorfall mit Aurel, bei dem sich herausgestellt hatte, dass sein jüngerer Bruder, Wenzel, ein Hexer war, hatte sich alles ge?ndert. Bald schon waren M?nner, die aus Greifenburg geschickt worden waren, aufgetaucht und hatten sie mitgenommen. In ihrer Befragung hatte sie ihnen klar gemacht, dass sie nichts von den Umst?nden gewusst hatte und eigentlich sonst keine Verbindung zu Wenzel hatte, den diese nun suchten. Damals hatte sie ganz furchtbare Angst gehabt, dass man ihr wer wei? was antun würde, doch man sperrte sie lediglich ein. Das war’s. Man stellte ihr keine weiteren Fragen. Nun aber hatte sich die Situation offenbar ge?ndert. Soviel sie von den ?u?erungen mancher Soldaten und anderer Leute mitbekommen hatte, waren ein Umsturz und gro?e Umw?lzungen im Land und ihr ehemaliger Klassenkollege war auf irgendeine Weise auch darin verwickelt.

  So oder so, man hatte sie nun hierhergebracht, um sie als eine Geisel zu benützen. Die Frau, deren Idee dies war, sa? ihr gegenüber und redete, w?hrend die junge Amalie ihr voll Unsicherheit darüber, was nun geschehen würde, zuh?rte. ?Weil diese Versager es mit all den Mitteln, die wir ihnen zur Verfügung gestellt haben, nicht schaffen, musste ich die Entscheidung treffen, es eben selbst zu übernehmen. Ich hatte meinem ehrenwerten Vater einst geschworen alle D?monen in unserem Land zu vernichten und ich habe vor dieses Versprechen einzuhalten!“, erl?uterte die Dame, deren Gesicht nun bleicher war als je zuvor. Dann zückte sie ein Messer aus der Tasche. Bei dessen Anblick erschrak das M?dchen, mit dem sie redete, nun ganz fürchterlich und wollte nach hinten ausweichen, was allerdings nicht m?glich war, da sie in einer Ecke sa?. Sie schlussfolgerte richtig, was Gabriela damit vorhatte. Als sie sah, wie sehr sich Amalie aus Angst verkrampfte, kam ihr ein diabolisches L?cheln über die Lippen und sie sagte: ?Du wirst mein Schlüssel zur Vernichtung dieser elenden Brut sein, meine Liebe! Ich werde das B?se vom Angesicht dieser Erde tilgen, so wie es Herr Voland von mir verlangt!“

  Mit zittriger Stimme antwortete das M?dchen nun aber: ?Ich habe euch schon so oft gesagt, dass ich nichts mit Wenzel zu tun habe. Nur wegen mir, wird er nicht kommen.“ – ?Oh, doch! Wenn du die Umst?nde verstündest, würdest du zum selben Schluss kommen. Au?erdem sollte dies etwas sein, auf dessen Eintritt du hoffst. Wenn er mein Angebot annimmt, wird er damit dein Leben retten.“ Amalie glaubte ihr kein Wort. Die Heimtücke und Hinterlist schwangen schon f?rmlich bei deren Worten mit. Schlie?lich geschah es dann endlich. Einige Male hatten sich Wolken und Sonne durch das Fenster schauend abgewechselt. Nun aber kam etwas anderes durch das Fenster. ?Klirr!“, ging es und von einem Moment auf dem anderen zersprang die Scheibe. Auf dem Fenstersims landete ein junger Mann, der dann von diesem herab auf den Fu?boden des Raumes sprang. Als er die beiden Frauen sah, blieb er vor überraschung wie angewurzelt stehen. Gabriela stürzte sogleich hinüber auf Amalie und hielt ihr Messer an deren Kehle.

  ?Keinen Schritt weiter und keine Bewegung oder das M?dchen ist dran!“, begann sie nun ihre Erpressungsstrategie. Der Bursche schien nicht allzu geschockt zu sein. Wahrscheinlich hatte er so etwas ?hnliches schon erwartet. ?Warum bist du hier?“, lie? Amalie kurz aus, aber die K?nigin zwang sie sogleich zum Schweigen. ?Ruhe! Nur ich rede hier!“, verkündete sie. Dann begann sie ihre Ansprache: ?Willkommen, Teufelskind Wenzel! Ich sehe, dass du meiner Einladung gefolgt bist. Nun denn, lass mich dir erst einmal etwas erkl?ren. über Jahrhunderte haben Hexer die Geschicke unserer Nationen und damit der gesamten Menschheit bestimmt. Dies konnte nicht so bleiben! Meine Vorfahren, in deren Fu?stapfen ich stolz trete, haben dies beendet. Ich kann und werde nicht zulassen, dass ihre Errungenschaften zunichtegemacht werden!“

  W?hrend sie monologisierte, versuchte Wenzel einen Weg zu finden sie aus dem Verkehr zu ziehen, ohne dabei Amalie zu gef?hrden. Er überlegte und überlegte, doch es fiel ihm in der Eile des Gefechts einfach nichts ein. Er konnte zwar etwas auf die Dame hinüberschie?en, doch dies w?re auff?llig und sie k?nnte früh genug darauf reagieren. Au?erdem konnte er die Frau nicht einsch?tzen und wusste nicht, wie entschlossen sie war ihre Drohungen tats?chlich in die Tat umzusetzen. Sicherheitshalber musste er vom schlimmsten Fall ausgehen. Sie hatte ihn wirklich auf dem falschen Fu? erwischt. Eigentlicher war sein ?Plan“ gewesen, den h?chsten Turm auszusuchen, um von hier aus einmal die Soldaten einen nach dem anderen, wenn sie heraufk?men, auszuschalten. Das konnte er nun vergessen.

  Die Dame erkannte, dass Wenzel nerv?s umherblickte, um eine L?sung für die brenzlige Situation, in der er sich befand, zu finden. Darum sprach sie nun: ?Dein Amulett, gib es mir!“ Der Bursch schaute einen Moment perplex und erstaunt, dass diese von diesem wusste. ?Gib es mir jetzt und sofort oder das M?dchen ist Geschichte!“ Z?gerlich holte er den Stein heraus und nahm ihn ab. ?Gut. Wirf ihn einfach auf den Boden zu mir herüber. Bewegt dich keinen Millimeter!“ Er zauderte kurz und lie? es sich nochmals durch den Kopf gehen. Dieses Amulett war sein Leben. War es also wirklich klug es einfach so jemandem zu übergeben? Die Antwort darauf war selbstverst?ndlich nein, aber er konnte es nicht zulassen, dass Amalie starb. Dennoch konnte er ebenso nicht zulassen, dass er hier schlicht und einfach kapitulierte. Dies war eine Verhandlung! Er gab zur Widerrede: ?Nur, wenn du alle Wachen vom Bergfried abziehst!“ Erst schaute die Frau ihn verdutz an, doch schnell wandelte sich ihr Gesichtsausdruck in einen grimmigen. ?Wer denkst du, dass du bist? Ich bestimme hier.“ Das Herz Wenzels schlug nun ganz wild. Er wusste, dass er hier nun standhaft bleiben musste und entgegnete: ?Das ist eine Verhandlung. Du willst etwas von mir und ich etwas von dir. Ich kann dir nicht trauen, wenn du nicht etwas tust, was Vertrauen in dein Wort weckt.“ Gabriela dachte kurz darüber nach und antwortete dann: ?Einverstanden.“

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  Dann rief sie die Wachen laut herbei, welche anscheinend schon über m?gliche Geschehnisse vorab informiert waren, da sie beim Zerbersten der Fensterscheibe nicht gekommen waren. Die Usurpatorin befahl ihnen allen den Bergfried zu verlassen. ?Seid ihr Euch sicher, Eure Hoheit? Auf diese Weise k?nnen wir Euch aber nicht mehr beschützen!“ – ?In der Tat. Das ist die Idee dahinter.“ Die M?nner waren zwar verwirrt, taten aber wie ihnen aufgetragen. Infolge ergriff Wenzel seinen Stein. Seine Hand klammerte sich noch einmal ganz fest um diesen, doch dann schmiss er ihn hinüber auf den Boden vor der Dame. Als Amalie dies sah, war sie sichtlich entt?uscht. Gabriela bückte sich und hob den Gegenstand auf. Sie war nun zufrieden, denn Wenzel hatte keine Macht mehr. Ihr war wohl unbewusst, dass der Junge immer noch ein Schwert besa?.

  Dann setzte sie ihre Ausführungen fort: ?Die Hexerkaiserin Elisabeth hatte einst meine Vorfahren verflucht, dass ihnen und ihren Abk?mmlingen nur übles widerfahre, so stinksauer war sie, weil wir ihre Unrechtsherrschaft beendet hatten! Haha! Aber daran glaube ich erst, wenn ich es sehe. In der Zwischenzeit werde ich euch D?monen weiterhin das Leben zur H?lle machen! Darum habe ich auch die Bibliothek in Greifenburg niederbrennen lassen. Je weniger du über Magie wei?t, desto unwahrscheinlicher wird die Rückkehr eines dauerhaften sogenannten Kaiserreiches.“ Dies erweckte nun doch die Aufmerksamkeit des Burschen und er erwiderte: ?Das war Ihr? Ich dachte eigentlich, dass das Geb?ude durch den endlosen Beschuss w?hrend der Belagerung Feuer gefangen hatte.“ Die Frau gab ihm nur immer mehr Gründe für ihn, sie zu hassen. Das war aber anscheinend auch ihre Absicht. Sie fühlte sich nun selbstsicherer, da Wenzel keine Magie mehr hatte.

  ?Zauberei ist einfach zu m?chtig, um dieser die Existenz zu erlauben. Darum muss deinesgleichen gemeinsam mit dieser untergehen! Die Magie, die du besitzt, kann viel zu viel und wird letztlich den Willen aller, die du beherrscht, beugen und manipulieren. Darum bist du ein D?mon!“ Wenzel hasste das und widerprach ihr: ?Ich bin kein b?ser Mensch und auch habe ich nicht vor Leute zu manipulieren.“ – ?Haha! Sagen sie alle. Selbst wenn du du Wahrheit hier sagst, was w?re dann mit denen die nach dir kommen? Irgendwer würde wieder die Tyrannei beginnen, es ist nur eine Frage der Zeit.“ – ?Und das rechtfertig, dass man Leute auf barbarische Weise am Scheiterhaufen verbrennt?! Ist diese Praxis, die ihr da eingeführt habt, nicht ebenso grausam und tyrannisch?“ Nun pausierte die Dame einen Moment und schaute dem jungen Mann erstmals in die Augen. Er blickte sie auch an und sah, wie neurotisch ihr Blick eigentlich war. Was er nicht sehen konnte, war sein eigner angsterfüllter Blick. Nun ergriff Gabriela das Wort und schlug einen amüsierten Ton an: ?Was? Du glaubst…haha! Du glaubst, dass WIR die Inquisition erschaffen haben? Oh, nein, mein Junge! Der erste Hexerkaiser, euer ?Messias“ Melgar, hatte damals h?chstpers?nlich diese Institution geschaffen, um andere Magier, die ihm den Thron streitig machen h?tten k?nnen, zu eliminieren! Es DARF ja nur einen geben!“

  Diese Enthüllung lie? Wenzel nun sprachlos. Der Patriarch hatte ihm aber etwas anderes erz?hlt…. Stimmte das oder hatte ihn die Thronr?uberin Gabriela nun schlicht und einfach angelogen? Was stimmte? Als ihm all dies durch den Kopf brauste, entschloss sich die hohe Dame, dem Ganzen hier ein Ende zu bereiten. ?Ich h?tte dir damals nie erlauben sollen, am Leben zu bleiben. Nun denn, Wenzel! Es war mir eine Freude!“, rief sie aus und schmetterte das Amulett mit aller Kraft auf den Steinboden. Als es zerbrach, durchstrahlte ein glei?endes Licht den gesamten Raum, dass alle blendete. Augenblicklich wurde es dem Magier schwarz vor Augen und er kollabierte. Beim Anblick des am Boden liegenden Wenzel stie? die Frau nun ein teuflisches Lachen aus. Sie lie? vom M?dchen ab und ging mit dem Messer in der Hand auf den Jungen zu. Sie würde die Sache hier nun beenden!

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