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019.2 Erniedrigung (Teil 2)

  Eine ungew?hnlich steife Brise wehte über Theodors Gesicht. Die Sonne war erst aufgegangen und in der Ferne waren Rauchschwaden zu sehen. Er würde nicht einmal Sp?her schicken müssen, um zu wissen, dass sie die eingefallenen Kascharen erreicht hatten, denn ihnen kamen eine ganze Menge an Flüchtlingen entgegen, die auf der Flucht vor den überf?llen waren. Einige in Lumpen gekleidete Leute, die mit Sack und Pack davongezogen waren, best?tigten ihnen, dass es ?die Horden“ waren, welche hier plünderten und brandschatzten. Diese suchten offenbar das Chaos in Ordanien auszunutzen, um noch mehr Unfrieden zu stiften. ?Alle sollen sich kampfbereit machen!“, befahl der Feldmarschall. Dann ritten sie den Eindringlingen über die relativ flachen Hügel entgegen. Das Gebiet wurde jetzt sogar noch flacher. Sie überschritten die Kuppel des n?chsten saftig grünen Hügels, welcher eine riesige Heeresschar hinter sich enthüllte. Diese hatte keine Fahnen oder Erkennungszeichen mit sich, doch allein ihre Fellkleidung machte es offensichtlich, wer sie waren. Die Revolutionskr?fte hingegen zeigten nun stolz sowohl die roten Fahnen der M?rtyrerbrigaden als auch die Sonnenfahne des alten Ordanischen Reiches, welche gleichzeitig die des neuen ?Heiligen Ordanischen Reiches“ nun war.

  Die Armee wurde angehalten und in die Order wurde ausgegeben, sich in Kampfstellung zu bringen. W?hrend alle Mann sich in Formation begaben, bewegte sich bei ?den Horden“ auch so Manches. Grimmige Gesichter gro?er M?nner blickten auf sie herüber. Die rauen Kascharen schienen sich nun auch langsam aufzustellen, doch gleichzeitig ritt pl?tzlich ein einzelner Mann in ihre Richtung nach vorne. Bevor einer ihrer Bogenschützen einen Pfeil auf diesen abfeuern konnte, verwies ihn Theodor scharf, dies sein zu lassen. Als der Kascharenführer nahe genug an sie herangekommen war begann er ihnen in Kascharischer Sprache zuzurufen. ?Ich, der Hauptmann der Kascharen fordere euch zum Duell! M?ge der st?rkste eurer K?mpfer hervortreten! Es sei denn, er ist nicht Manns genug, das zu tun!“ Er drehte sich mit seinem Ross einmal im Kreis und schwang dabei lachend sein Schwert umher. Es war typisch kascharische Art seinen Gegner zu verh?hnen und zu provozieren. Theodor war diese Tradition wohl bekannt und er akzeptierte sie. Der Feldmarschall trabte mit seinem Pferd hinüber, gefolgt von seinem Vize. Als er bei seinem Herausforderer ankam, stieg er vom Pferd. Dieser tat es ihm gleich.

  Sie gingen nicht zu nah aufeinander zu, sondern begannen sich so schon von der Weite einander vorzustellen. ?Als Lajosch bin ich bekannt und ich bin der Oberste Anführer der Kascharen!“ Dem wurde entgegnet mit: ?Mein Name ist Theodor und ich bin der Feldmarschall der Heiligen Ordanischen Armee!“ Dieser Aussage folgte nun ein fast schon umnachtet klingendes Lachen des Kascharen. ?Hahaha! Nein, ist er nicht! Ich wei?, wer du wirklich bist!“ Er sprach in arrogantem Ton. ?Du bist Kalev! Ein Verr?ter, der es offenbar ganz nach oben mit seiner Hinterlist gebracht hat.“ Theodor reagierte in keinster Weise auf dessen Provokationen. Unberührt schaute er seinem Gegenüber einfach in die Augen. Er erkannte, dass nun ein neuer, junger Mann die Führung über die Kascharen errungen hatte. Und dieser war nicht mehr von den Tiboren. Das machte diesen unberechenbarer, erkl?rte aber auch, warum die Horden nun in Ordanien eingefallen waren, was seit über hundert Jahren nicht mehr passiert war. Lajosch fuhr fort: ?Dass sich ein Volksverr?ter wie du hier vor uns traut! Sch?m dich! Ich werde dir zeigen, was Deinesgleichen am Ende bekommt.“ Darauf zog der Krieger dann sein Gro?schwert. Es war besonders lang und schwer. Ebenso zückte der Anführer der M?rtyrer nun seine Hellebarde. Sie gingen noch einige Schritte aufeinander zu und dann ging der Kampf los.

  Der ungestüme Kascharenkrieger stürzte sogleich auf Theodor los und lie? einen m?chtigen Schwerthieb von oben auf ihn herniederfahren. Der Feldmarschall blockte natürlich, doch war der Aufprall auf ihn derartig heftig, dass er einen kurzen Moment davon bewegungsunf?hig war. Der M?rtyrer war sehr beeindruckt. Lajosch hatte offenbar unglaubliche St?rke und er war von ?hnlicher Statur und K?rpergr??e wie sein Gegner. Im momentanen Stupor, der auch den Kascharen betraf, versuchte Theodor einen schnellen Angriff mit der Spitze seiner Hellebarde zu landen, doch der Mann schaffte es sich diesem zu entziehen. Dann ging der Zweikampf richtig hei? zur Sache. Links, rechts, oben und unten, von allen Seiten schlugen sie aufeinander ein, doch keiner schaffte es den anderen zu verletzen. Theodor tendierte eher auszuweichen, w?hrend Lajosch oft auch blockte. Hinter ihnen brüllten ihre Truppen und feuerten sie an. Es war wie das Zuschauen bei einem Sportwettbewerb für sie. Als er einem Hieb des Feldmarschalls ausgewichen war, trat der Anführer der Horde ihn mit einem starken Kick nach hinten. Theodor blickte auf und zu diesem hinüber. Der Schwei? str?mte wie in B?chen von seiner Stirn. Dieser Mann war nicht von schlechten Eltern!

  Lajosch war aber auch reichlich am Schwitzen und die beiden sahen, dass ihr Herausforderer durchaus seinem Namen Ehre machte. Dann fasste sich der M?rtyrer und lie? einen Schrei los. Er rannte auf seinen Widersacher los und einen wilden Sturm an Hieben auf diesen los. Hie und da streifte er dessen Arme, doch machte kaum Schaden, da dieser wieder einmal geschickt auswich. Dann war Lajosch an der Reihe. Er deutete einen Angriff von unten an, worauf Theodor seine Waffe entsprechend positionierte, um dies abzuwehren. Dann drehte er die Hiebrichtung des schweren Dings aber noch herum, was v?llig überraschend war. Zack! Es war geschehen. Die Hellebarde fiel auf den Boden. Um deren Stange klammerte immer noch Theodors Hand, separat vom restlichen Arm! Der Feldmarschall schrie nicht auf, doch taumelte einige Meter im Schock zurück. Es dauerte kurz bis es einsickerte, was soeben geschehen war, doch als dies dann endlich der Fall war, begannen die Horden wild zu jubeln. Auf Seiten der Heiligen Ordanischen Armee herrschte hingegen bedrücktes Schweigen. Ulrich sprintete augenblicklich zu seinem Befehlshaber hin und half ihm so schnell wie m?glich weg zu seinem Pferd. Theodor sagte nichts und ritt mit ihm ab.

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  Ihnen gleich tat es nun Lajosch, der zu den Seinen zurückritt und schlie?lich den Befehl zum Sturm gab. Das war taktisch unklug, da sich die feindlichen Kr?fte auf einer kleinen Anh?he befanden. Nichtsdestotrotz ert?nten die Kriegsh?rner und die Invasoren eilten nach diesem Moralbooster nun ungehemmt auf die feindlichen Linien zu. Im ersten Moment etwas z?gerlich von den Dingen, die nun passiert waren, fassten sich die Revolution?re aber schnell und begannen die Angreifer mit einem Hagel and Pfeilen einzudecken. Die vorderen Reihen folgten dem, was sie in den letzten Monaten trainiert hatten, und hielten in Reihe um Reihe ihre Piken nach vorne. Nur wenige Momente, bevor die Kascharen in die vorderen Reihen der Pikeniere im Galopp stürzten, erkannten sie die Schwere ihres Fehlers. Zahllose Reiter wurden aufgespie?t und das Heer der Feinde erlitt schwerste Verluste schon am Beginn des Kampfes. Die Reihen an Pikenieren waren zu tief, um einfach unter dem feindlichen Ansturm nachzugeben.

  W?hrend all dies vor sich ging, wurde Theodor hinter die Truppen gebracht und dort versorgt. Seine Hand war ab, aber der Arzt tat alles, dass er nicht ausblutete. Die Feinde schienen nicht zu versuchen von den Flanken anzugreifen und konzentrierten sich auf eine direkte, frontale Konfrontation. ?Die sind alle noch grün hinter den Ohren!“, dachte sich Ulrich da nur, der nun das Kommando übernommen hatte. Er befahl den Reiterbrigaden der M?rtyrer an den Flanken vorzupreschen, um die Feinde einzukreisen, also genau das zu tun, was diese, warum auch immer, nicht taten. Gesagt, getan. So einige fielen, doch insgesamt, schien die Schlacht zugunsten der Revolutionsarmee zu verlaufen. Ihre Reorganisation und Training hatten sie zu einem vollwertigen Heer gemacht, etwas dem die Kascharischen Guerillamethoden nicht gewachsen waren.

  Als die Horden schlie?lich erkannten, dass sich ihre Einkesselung abzeichnete, begannen Unruhen in ihren Reihen. Sie fingen an nachzugeben. Ihr Oberster Anführer erkannte das, ebenso wie er realisierte, dass die Heilige Ordanische Armee viel gr??er als ihre war und mehr Erfahrung im Kampf mit Armeen hatte. Er verstand die Situation und befahl infolge den Rückzug. Die zum überwiegenden Gro?teil berittenen Kascharentruppen, hatten einen Kollaps ihrer Schlachtordnung, machten kehrt und ritten gen Osten davon. Einfach so. Voll Zufriedenheit schaute ihnen der aktuelle Befehlshaber der Revolutionskr?fte dabei zu und schickte ihnen seine Reiter auf die Fersen, um noch ein paar Verluste zu erzeugen, prim?r aber, um sie entschieden davonzujagen.

  Es war vollbracht. Die einfallenden Kascharen waren geschlagen. Jetzt müsste sie sie nur noch auf ihrem Weg zurück nach Kascharovar ?begleiten“. Dies würde den endgültigen Sieg der Revolution bedeuten, denn es gab in ganz Kaphkos keine Armee mehr, die der ihren in Mannesst?rke oder Kampfeskraft entgegenstehen konnte. Die Armee würde den Horden noch eine Weile folgen, bis sie aus Ordanien endgültig abgezogen waren. Das Bild der Verwüstung, des Todes und Elendes, das sie auf ihrer Randale im Nordosten Ordaniens hinterlie?en, schockierte viele der noch neueren Soldaten des Revolutionsheeres. Natürlich würde sich das Land auch davon erholen, doch die Menschen würden es nicht gleich vergessen.

  Theodor hatte unterdessen den Verlust seiner Hand überlebt. Ihm wurde mit Nachdruck empfohlen, dass er sich erst einmal ausruhen sollte. Dem schenkte der Feldmarschall aber nur bedingt Geh?r. Sobald es ihm irgendwie wieder m?glich war, sa? er wieder im Sattel und führte seine Truppen wieder an. Doch etwas in ihm hatte sich durch seine Niederlage im Duell mit Lajosch durchaus ge?ndert. Wenn er früher wenig gesprochen hatte, so wurde er nun fast schon g?nzlich stumm. Der Unbesiegbare war von jenen besiegt worden, die er einst verlassen, in ihren Augen verraten hatte. Der im Niedergang begriffene Widerstand in Kascharovar hatte ihm poetische Gerechtigkeit zukommen lassen, oder zumindest würden die Vertreter von diesem es so sehen. Der Mann, der einst Kalev hie?, sah dies anders. Er war erniedrigt und zornig darüber gerade von diesen Leuten, die aus seiner Sicht ja vollkommen unrecht hatten, ihn derart verwundet hatten. Es war eine Wunde, die jeder sehen konnte und die permanent seine Kampfeskraft verringern würde. Gar nicht zu sprechen davon, dass sie die Legende um den Feldmarschall, genauso wie zuvor die Legende um Gawein, zerschmettert hatte. Obendrein war sein Ego nun schwer erschüttert. Z?hneknirschend sa? Theodor da und hatte kein Ziel für seinen brodelnden Zorn, denn er wollte diesen nicht auf der Bev?lkerung Kascharovars auslassen. Diese konnten auch nichts dafür. Au?erdem wollte er auch diese ?retten“ und nicht noch mehr Menschen dieselben Dinge durchleben lassen, der er einst erfahren hatte.

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