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021.1 Sieg

  Alsbald fuhr dann eine Kutsche vor dem Kaiserpalast vor. Es war ein angenehm warmer, windstiller Tag und ein fein angezogenes Paar mittleren Alters stieg aus dem Gef?hrt aus. Die Dame hatte schulterlange, brünette Haare und trug ein langes, jedoch ungew?hnlich Luftiges Kleid in Safrangelb. Der Herr trug einen gut gepflegten Oberlippenbart und einen traditionellen Anzug, der sehr teuer aussah. Als sie die unz?hligen Stufen zu dem jahrhundertealten Herrschersitz hinaufstiegen, blickten sie auf den Boden, nicht weil sie das Geb?ude nicht sehen wollten, sondern weil ihnen die Sonne direkt in die Gesichter schien. Oben angekommen, geleitete sie eine der Wachen hinein. Letztendlich kamen sie dann in einem gro?en Saal an, der mit einer Menge teurer M?bel bestückt war, inklusive dem Sofa, auf das sie sich dann bequemten. Ein paar Minuten vergingen, dann trat ein M?dchen bei der Tür herein. Als sie die beiden erblickte rannte sie schleunigst zu diesen hin und viel dem Mann, der nicht besonders gro? war, um den Hals. ?Ich bin so froh, dass es euch gut geht!“, ?u?erte sie mit emotionserfüllter Stimme, w?hrend ihr die ersten Tr?nen begannen von den Wangen zu laufen. ?Ich auch, mein Schatz!“, erwiderte der Mann. Die beiden verharrten so lange in ihrer Umarmung, bis die Dame die Geduld verlor und die beiden eigenh?ndig voneinander trennte. Sie wollte das M?dchen auch an sich drücken, was sie dann auch tat. ?Du kannst dir ja gar nicht vorstellen, welche Sorgen wir uns um dich gemacht haben, Amalie!“, sprach die Frau in weinerlichem Ton.

  Als sich dann alle wieder beruhigt hatten, setzen sie sich hin und begannen zu plaudern. Sie begann ihnen zu erz?hlen, was passiert war. Diese Unterhaltung unterbracht dann aber Wenzel, als er, begleitet von drei Kaisergardisten, das Zimmer betrat. Amalie bat ihn gleich her zu ihnen und sagte: ?Darf ich euch Wenzel vorstellen? Er ist derjenige, der mich gerettet hat.“ Der junge Mann wollte den Herrschaften die Hand reichen, doch diese begannen sich vor ihm zu verbeugen. Sie hatten bereits an seiner Kleidung erkannt, wer er war, und au?erdem hatten sie schon viele Gerüchte geh?rt, die im Land umgingen. Jeder wusste bereits, dass ein neuer Erkorener erschienen war. Diese Behandlung war Wenzel überaus peinlich und er bat die beiden augenblicklich, damit aufzuh?ren. ?Ich will mit den Eltern meiner Freunde einen ganz normalen Umgang haben, wenn es irgendwie m?glich ist“, meinte er dazu. Die beiden stellten sich als Harald und Bothilde vor. Dann sa?en sie alle eine Weile beisammen und unterhielten sich über allerlei Dinge, wobei vor allem die Geschehnisse des letzten Jahres natürlich im Vordergrund standen.

  Dabei erfuhren sie auch, dass Amalies Eltern sich nach dem Ausbruch der Revolution versteckt hatten, aus Furcht auch Opfer der ausufernden Gewalt im ganzen Land zu werden. Eine kluge Entscheidung. Sie redeten auch über einige mehr erfreuliche Themen, doch behielten sie dabei einen immerzu überfreundlichen Ton. Dies begann schlie?lich ihre Tochter zu st?ren, welche daraufhin vermerkte: ?Ihr müsst euch nicht verstellen! Es wird euch hier nichts passieren. Wenzel ist ein gutmütiger Mensch.“ Damit lag sie richtig. Er und Amalie hatten angefangen sich etwas besser zu verstehen. Beide waren relativ leise und eher verhaltene Menschen, wodurch sie gut miteinander auskamen. Dies fiel auch gleich ihren Eltern auf.

  Nach ihrem Kennenlernen wurde das Paar erst einmal in einem der vielen ungenützten R?ume des Palastes einquartiert. Diese Begebenheit hatte Wenzel allerdings an etwas erinnert, n?mlich an seine eigenen Eltern. Nein, nicht seine leiblichen Eltern, sondern Hildegard und Bertold. Er fragte sich wie es diesen wohl ging. Folglich begab er sich am n?chsten Tag hinunter zum Gef?ngnis, um diesen einen Besuch abzustatten. Begleitet von Brahm und zwei weiteren Garden marschierte er die Stra?e hinunter zu dem Geb?ude, das nicht recht weit weg lag. Er ging beim Portal des massiven Steingeb?udes hinein und grü?te den Mann, der beim Empfang arbeitete. ?Grü? Gott! Ich würde gerne den zwei Althuns einen Besuch abstatten.“ Der W?rter blickte ihn zuerst an, dann ging er nach hinten und kramte ein dickes Buch hervor. Durch die Tür konnte man sehen, wie der Mann in dem Ding herumbl?tterte, um nach deren Namen zu suchen. Seine Begleiter standen nur daneben und langweilten sich. Es dauerte und dauerte, aber der Herr schien sie nicht zu finden. Nun wurde Brahm ungeduldig und rief nach hinten: ?Was dauert denn da so lange? Kannst du nicht lesen?“ Wenzel fühlte sich etwas schlecht wegen dem, was sein Freund gerade vom Stapel gelassen hatte, darum versuchte er nun zu helfen. ?Ich glaube das letzte Mal waren sie in Zelle 125, wenn ich mich recht erinnere.“

  Es verging noch ein wenig Zeit, dann kam der Mann wieder zu ihnen. Er sagte: ?Ich, ?hm,….die Insassen, nach denen ihr sucht, sind nicht mehr hier.“ Ein stutziger Blick ging über die Gesichter aller. Wenzel fragte nach: ?Was meinst du? Sind sie woandershin verlegt worden?“ Nerv?s entgegnete der Gef?ngnisw?rter nun: ?Soviel ich in meinen Aufzeichnungen habe, wurden sie am 10.4. hier von Soldaten der M?rtyrer abgeholt. Im Buch steht ein X.“ Wenzel sagte nun kein Wort mehr. Er hatte schon so eine Ahnung, was das bedeutete. Brahm aber fragte geradeheraus nach: ?Und was soll X jetzt hei?en.“ – ?Ihr k?nnt es euch wohl denken, oder?“, kam zurück. Nun machte der Leibw?chter eine sehr zornige Miene. ?Ist das dein Ernst!?“ – ?Ich fürchte, ja.“ – ?Das ist vollkommen inakzeptabel. Ich will wissen, wer den Befehl gab und wer ihn ausgeführt hat, oder ihr seid alle dran!“

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  Bevor sein Freund seine Tirade so richtig beginnen konnte, packte ihn der Magier aber am Handgelenk und drückte es fest zusammen. Brahm unterbrach sein Gerede sogleich und blickte hinüber zu Wenzel. Dieser beugte sich etwas nach vorne über und stützte sich auf seiner anderen Hand ab, die er fest zu einer Faust ballte. Er schnaufte aus und sagte ganz leise etwas, das niemand h?ren konnte. ?Was?“, erkundigte sich der Mann. Wenzel wiederholte diesmal lauter: ?Raus. Alle raus. Jetzt, sofort!“ Dann lie? er seine Hand los. Brahm hatte verstanden, was los war und befahl allen Gef?ngnismitarbeitern so schnell wie m?glich das Geb?ude zu verlassen. Der Busche blieb derweil wie angewurzelt stehen. Er war fuchsteufelswild! Jetzt hatten sie doch noch seine Eltern get?tet! Es war genau das, wovor er sich gefürchtet hatte und was er eigentlich damals versucht hatte tunlichst zu verhindern. Wer war es gewesen? Wer hatte die Tat vollbracht? Und warum mehr als ein Monat sp?ter? Hatten sie gewartet, bis Wenzel aus der Stadt war, um sie zu beseitigen? H?chstwahrscheinlich war das die Antwort. Der Erkorene verkrampfte sich am ganzen K?rper. Solch einen Zorn hatte er noch nie verspürt. In ihm kochte es über.

  Laszlo und Erszebet besichtigten gerade ihr neues Apartment. Sie hatten dieses von regimegetreuen Adeligen, die hier nun nicht mehr wohnten, übertragen bekommen. Laszlo war ein Soldat, der vor vielen Jahren sich dem altgl?ubigen Widerstand unter der Führung Theodors in Kascharovar angeschlossen hatte. Jetzt hatte sich sein Leben herumgewandt und er hatte noch all den Jahren der Aufopferung endlich die M?glichkeit ein friedlicheres Dasein zu führen. Die warme Sonne strahlte beim Fenster herein und er entschied sich, die Balkontüren zu ?ffnen, um für ein wenig Luftaustausch hier drin zu Sorgen. Er ?ffnete beide Türflügel und trat hinaus auf den Balkon. Sich auf das Gel?nder lehnend atmete er tief die frische Luft ein und genoss die sch?ne Aussicht über die Stadt von hier oben. Alles war gut. Bis pl?tzlich das riesige Geb?ude vor ihnen mit einem gewaltigen Knall in die Luft flog! Kleinere und gr??ere Trümmer flogen wie Geschosse herüber gegen die Mauern und teilweise durch die Fenster! Er drehte sich zu seiner Liebsten um. Zum Glück war sie unversehrt geblieben. Was in Gottes Namen war denn hier passiert?

  Die Antwort auf des Mannes Frage war Wenzel. Sein Wutausbruch hatte das ganze Stadtgef?ngnis in die Luft gejagt. über die Trümmer stieg er nun wieder aus dessen überresten hervor und ging hinüber zu seinen drei Kaisergardisten. Alle au?er Brahm standen mit offenem Mund da. Wenzel adressierte seinen Freund: ?Ich will, dass ihr die Schuldigen dafür ausfindig macht und entsprechend bestraft!“ Es war das erste Mal, dass Wenzel total von Wut geleitet war. Aber die Zeit, die er mit den M?rtyrerbrigaden verbracht hatte, hatte ihn natürlich auch ver?ndert. Wer die Organisation verriet, musste sterben, das waren die Regeln dort. Diese Denkweise war nun auch in Wenzels Gedankenwelt eingesickert. Natürlich war dies hier auch ein Sonderfall, da es ihn pers?nlich bestraft, aber dennoch blieb dieser Punkt bestehen. Brahm stimmte mit Wenzel überein und widmete sich alsbald diesem Auftrag. Wenige Tage sp?ter gab es zwei M?rtyrer weniger, doch denjenigen, der den ursprünglichen Befehl gegeben hatte, konnten sie nicht identifizieren. Wenzel sagte nichts dazu, doch in seinem Inneren vermutete er, dass es August gewesen war. Er konnte es nur nicht beweisen.

  Dies nahm den Burschen überaus mit und er lie? sich die n?chsten drei Tage kaum blicken. Allein in seinem Zimmer sinnierte er über sich selbst und sein bisheriges Leben. Es war nicht so, dass ihn seine Eltern wirklich innig geliebt hatten, aber dennoch waren sie diejenigen, die ihn gro?gezogen hatten. Immer hatten sie Aurel bevorzugt und trotzdem, trotz all dem hatte er sie letzten Endes doch geliebt. Pl?tzlich klopfte es an der Türe. ?Kann ich reinkommen?“, fragte Amalie. Er erlaubte es. Sie kam herein und erkundigte sich, ob es ihm auch gut ging. Sie hatte bereits von Brahm erfahren, was passiert war. Offenkundig wollte sie ihn wohl ein wenig aufmuntern, aber er war nicht wirklich aufgelegt, über die Sache zu reden.

  Darum unterhielten sie sich nun über andere Dinge, wie zum Beispiel über die Zukunft. ?Und du wirst wirklich der Kaiser werden?“ – ?Ja. So stand es von Anfang an für die M?rtyrer fest.“ – ?Glaubst du, dass du das auch kannst? Ist dir das nicht zu viel Verantwortung?“ Der junge Mann überlegte einen Moment und erwiderte dann: ?Ich bin bereit die Verantwortung zu übernehmen, die mir die anderen zusprechen wollen. Früher hatte ich, ehrlich gesagt, Spundus davor, doch mittlerweile habe ich es akzeptiert. Bisher hat mich mein Leben sowieso auf eine wilde Berg- und Talfahrt geschickt. Wenn ich eine Aufgabe im Leben habe, dann wei? ich zumindest, was ich tun soll.“ Dann pausierte er kurz. ?Auch wenn ich natürlich nicht ausreichend für die Rolle bin.“ – ?Wieso denn das?“, gab da Amalie zur Frage. ?Weil ich nicht viel davon wei?, wie man ein Land regiert. Das Einzige, was ich verstehe, ist, dass die Leben der Menschen besser werden müssen. So viel Elend, was ich auf meinen Reisen durchs Land gesehen habe….“ Amalie aber widersprach ihm: ?Soviel ich wei?, ist die einzige Qualifikation, die ein Kaiser laut den Euren haben muss, magische F?higkeiten zu haben. Den Rest, kannst und wirst du noch lernen. Also mach dir keine allzu gro?en Sorgen, okay?“ –?Okay.“

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