Es war ein etwas frischerer Morgen, denn am Vortag hatte es geregnet. Nun ging die Sonne aber nicht sonderlich auf, auch wenn es natürlich Tag wurde. Die dichten Wolken drückten vom Himmel herab und die Feuchtigkeit hing in Form von dicken Nebelschwaden in der Luft. Theodor warf einen Blick nach vorne auf die Limesischen Berge, die sich vor ihm auftürmten. Sie waren im Süden von Cislimesien und das Heer war wieder bereit zum Abmarsch. Sie hatten die Nach im Freien verbracht und marschierten nun los, um das Gebirge in das zu Camenia geh?rende Translimesien zu überqueren. Nun h?tte der Feldmarschall einfach den Hauptpass, über den der meiste Verkehr von und nach Ordanien verl?uft als Passierpunkt w?hlen k?nnen. Doch das w?re für ihn wohl doch zu offensichtlich gewesen. Er w?hlte einen wesentlich kleineren, unwichtigeren Pass, das Ganojoch. Er gab den Befehl zum Abmarsch und der riesige Lindwurm setzte sich wieder in Bewegung.
über feuchtes Terrain erklommen sie nun langsam die engen Passstra?en. Der Nebel wurde nun so dicht, dass man kaum mehr die Hand vor Augen sehen konnte. Ihre lokalen Führer wussten aber genau, wo sie lang mussten. Bevor sie sich dem Pass ann?herten, wurde die Order ausgegeben, dass alle Truppen so still wie m?glich sein sollten. Der Feldmarschall platzierte zudem seine besten Truppen ganz vorne, um bei den feindlichen Truppen, von denen er ausging, dass sie hier stationiert waren, einen starken Durchbruch, mithilfe des Elements der überraschung zu vollbringen. Als sie schlie?lich sich dem Zielort n?herten, war alles fast schon gruselig still und nur die Fu?tritte aller waren zu h?ren. Durch den dichten Nebel marschierten sie nun beinahe blind. Dann trafen sie endlich auf die ersten Feinde. Als diese sie endlich erblickten, waren sie v?llig überrumpelt und brauchten kurz einen Moment, um sich zu fassen, und fummelten ungeschickt herum, mit der Absicht ihre H?rner als Warnung zu blasen. Sie waren zu langsam und die Bogenschützen der Ordanier schalteten sie aus, bevor sie dies tun konnten. Dann würde ein Sturm des Passes unter gr??ter Eile befohlen. Mühevoll schleppten sich die schwer beladenen Truppen die gewundenen Pfade hinauf, um mit der vordersten Brigade irgendwie Schritt zu halten.
Die M?nner preschten auf die Positionen der Camenier vor und m?hten dieser f?rmlich nieder als sie v?llig überraschend für diese wie aus dem nichts auftauchten. Es war kein langer Kampf, dann waren fast alle Feinde hier besiegt. Der übergang nach Camenia war frei! Nun wartete Theodor noch, bis das restliche Heer zu ihnen aufschlie?en konnte. Dann kam wieder einmal ein für ihn typischer Befehl: ?Wir haben keine Zeit zu verlieren. Bevor die Armee im Süden gewarnt werden und sich vorbereiten kann, müssen wir schon zuschlagen. Alle Mann sollen so schnell es geht ins Tal hinablaufen, damit wir sie kalt erwischen k?nnen!“ Somit begann die Drangsal der Heiligen Ordanischen Armee, welche nun ihren ?u?erst rapiden Abstieg vom Ganojoch begann. Es würde keine Pausen geben.
Erst weit unterhalb der Baumgrenze wurde der Nebel wahrnehmbar weniger. Der Anmarsch der Ordanier würde nicht schon von Weitem sichtbar sein. Das war sehr zu ihren Gunsten. Jeden Meter, den sie nun bergab machten, wurde es immer w?rmer. Schlie?lich kamen sie im Arminiotal an. Nach einer kurzen Rast, hie? es wieder auf und davon. Je weiter sie nun dem dicht bewaldeten Tal folgten, desto weiter und flacher wurde es. Schlie?lich ?ffnete es sich in eine offene Weidelandschaft, In weiter Ferne war ein gr??eres Lager der Camenier zu ersp?hen. Als sie sich dann ungehemmt auf dieses zu bewegten, wurde schlie?lich bei den Verteidigern Alarm geschlagen. Daraufhin befahl der Schwarze B?r den Sturm auf die feindlichen Kr?fte. Diese eilten nerv?s umher, da sie solch ein überhastetes Vorgehen einer feindlichen Armee nicht gewohnt waren. Um genau zu sein, waren sie überhaupt keine feindlichen Armeen gewohnt, da die allermeisten von ihnen nur mobilisierte Bauern waren, die keine Kampferfahrung hatten und auch die regul?ren Truppen Camenias schon lange keinen echten Krieg mehr geführt hatten. Die erfahrensten K?mpfer dieses Landes waren von der Boskettischen Kompanie, welche, schwer gebeutelt von der Niederlage am Archfeld, sich erst wieder neu aufstellen musste und einstweilen an keinen bewaffneten Konflikten teilnehmen würde und konnte.
Wie von Teufel getrieben, stürmten die Soldaten der Heiligen Ordanischen Armee auf die immer noch teils unorganisierten Reihen ihrer Feinde los. Ungebremst ritten sie mit vollem Karacho und vorgestreckten Lanzen in die Reihen der Camenier, welche infolge zerbrachen und sich in einem riesigen Chaos aufl?sten. Die restlichen Truppen folgten bald und machten kurzen Prozess mit ihren amateurhaften Widersachern. Viele der armen Fu?soldaten fielen, doch eine gro?e Anzahl stahl sich auch einfach davon. Als sich der Staub setzte, klappte Theodor, der wieder einmal ganz vorne mit dabei gewesen war, sein Visier hoch. ?Ein weiterer Handstreich! Ha! Einer geht noch. Und dieser wird mein Meisterstück werden!“ Sie plünderten das Lager des Feindes und übernachteten ganz in dessen N?he. Dann, als der n?chste Morgen anbrach, war es so weit. Die letzte gro?e Schlacht der Revolution würde ganz im Norden Camenias ausgefochten werden.
Die K?niglichen Streitkr?fte Camenias hatten nicht mit einer solchen Reaktion des Heiligen Reiches gerechnet. V?llig überrumpelt schickten sie nun hastig alle Kr?fte, die sie in der N?he der Grenze versammelt hatten, gemeinsam hin, um die einfallende Revolutionsarmee aufzuhalten. Doch waren sie immer noch an mehreren Orten verstreut und mussten sich erst zusammenfinden und organisieren. Dies würde ihnen der Feldmarschall Ordaniens nicht erlauben! Er führte eine Blitzkampagne, die diese überw?ltigen und schnell aus dem Rennen werfen sollte. Die von den M?rtyrerbrigaden geführten Kr?fte marschierten voran über die fruchtbaren B?den des hei?en Camenia. Um sie herum schien sich die Vegetation sichtlich zu ?ndern, als sie durch das Land voranschritten. Dann stellte sich ihnen schnell ein gro?es Heer entgegen. Unter der Führung des Erstgeborenen Sohnes des K?nigs konfrontierte sie die st?rkste Armee im Land. Die anderen waren noch auf dem Weg. Es war ein hei?er Tag und der Südwind lie? die Kehlen der M?nner f?rmlich austrocknen. Der Ort der Schlacht würde am Ufer eines Sees sein, der ironischerweise Stiller See hie?. Die Camenier stellten sich in ihrer regul?ren Schlachtordnung auf, w?hrend die Heilige Ordanische Armee den Gro?teil ihrer Kavallerie auf ihre rechte Flanke transferierte, um den Feind von dieser Richtung aus pressen zu k?nnen und gegen das Seeufer, welches sich zu ihrer Linken befand zu dr?ngen.
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Die Kriegsh?rner ert?nten und die Kavallerie ritt los. Pfeile flogen überall. Offenbar hatten die Camenier sogar drei Reihen an Pikenieren vorne, um einen Husarenritt zu verhindern. Dies nützte ihnen wenig, da die kriegsgest?hlten Reiter der M?rtyrer nun mit maximaler H?rte auf der rechten Flanke attackierten. Eine ganze Menge an ihnen fiel, doch die Reiter der Feinde wurden entscheidend geschlagen und mussten sich nach einer massiven Dezimierung zurückziehen. Dadurch waren die ordanischen Truppen nun frei in die exponierte Flanke hineinzupreschen, was sie auch taten. Der Druck schob, genauso, wie es Theodor geplant hatte, die gesamte feindliche Armee gegen und schlie?lich in den See. Immer weiter und weiter wurden sie gedr?ngt, denn die Reihen der Ordanier gaben keinen Millimeter nach. Unz?hlige M?nner ertranken in den Fluten des ?Nicht-Mehr -Ganz -So-Stillen Sees“. Ein paar Truppen konnten ausbrechen und flohen, doch letzten Endes war es schon wieder ein gro?er Sieg für das Heilige Ordanische Reich.
Am Ende des Tages lagen viele abertausende gefallene M?nner auf dem Feld. Unter ihnen war auch der Sohn des K?nigs, dessen Leichnam der Feldmarschall aufbahren lie? und zurück an die gegnerischen Truppen überstellte. Beim Vernehmen der Nachrichten dessen, was passiert war, hielten die anderen Kontingente camenischer Kr?fte inne. Wenige Tage darauf erreichte sie dann eine Nachricht vom camenischen K?nigshof. Sie baten um einen Waffenstillstand und riefen zu Verhandlungen auf. In anderen Worten: Sie kapitulierten. Die Revolution hatte endgültig gesiegt! Die Schlacht am Stillen See würde der letzte gro?e bewaffnete Konflikt im Rahmen der ?Heiligen Revolution“ gewesen sein.
Ein junger Mann mit rotem Haar stand vor einem Grab. überall herum war es still und nur ein ganz sanfter, warmer Wind wehte. Der Bursche legte eine einzelne wei?e Lilie hin und zündete wortlos eine Kerze an. Dann sprach er ein kurzes Gebet. Eine einzelne andere Person war am Friedhof, welche interessiert herüberschaute, aber dann aus Anstand sich wieder abwandte. Der Grund weshalb, der junge Mann die Aufmerksamkeit erregte, war nicht dessen Kleidung, die relativ gew?hnlich war, sondern, die Tatsache, dass au?erhalb des Friedhofes drei M?nner in seltsamen rot-wei?en Uniformen warteten, die ihn anscheinend hierher begleitet hatten. Auf dem Grabstein stand geschrieben:
Albrecht Silber
24.5.427 - 3.10.461
?Wir waren, was ihr seid. Ihr werdet, was wir sind.“
Wenzel wollte schon eine Weile das Grab seines Lehrers besuchen. Es war seine Schuld gewesen, dass er nicht mehr unter den Lebenden weilte. H?tte er ihn damals nicht in seinem Heim aufgesucht, so w?re er wom?glich nicht mit ihm in Verbindung gebracht worden. Dies konnte der Magier nicht mehr umkehren, doch er empfand es als seine Pflicht, ihn zumindest nicht zu vergessen. Au?erdem würde bald eine gro?e Begr?bnisprozession für Elisabeth und alle in der Revolution Gefallenen abgehalten werden, vor allem da kürzlich Kunde kam, über den Sieg über Camenia.
Wenzel hasste das alles. Er war betrübt, dass so viele für ihn gestorben waren. Er verstand, dass die meisten ihr Leben gegeben hatten, um die Tyrannei im Land zu beenden, doch so einige waren direkt wegen ihm oder für ihn h?chstpers?nlich gestorben. Aurel, Albrecht, Isidor, Bertold und Hildegard, sie alle waren zu früh von uns gegangen. Wortlos stand Wenzel da und lie? das Geschehene Revue passieren. Nach ein paar Minuten verlie? er dann schlie?lich wieder das Grab. Er war extra für das hier nach Olemar gekommen. Seine Kleidung war bewusst unauff?llig gew?hlt, um nicht irgendwelche Schaulustige anzuziehen. Ohnehin war der Friedhof relativ leer momentan, zumindest an Lebenden. Auf dem Weg zurück nach Meglarsbruck, das ja zum Glück nicht so weit entfernt lag, gingen ihm noch allerhand Dinge durch den Kopf. Er würde auch Bertold und Hildegard ein Grab machen. Ihre sterblichen überreste waren aber unauffindbar, weshalb es leider nur ein Xenotaph sein würde. Auch wog er ab, ob er nicht die Gr?ber seiner leiblichen Eltern besuchen sollte, welche sich in Greifenburg befanden. Er entschied sich dann aber dagegen. Er hatte nichts mit Leuten am Hut, die ihn ?weggeworfen“ hatten. Er würde nun der Herrscher Ordaniens werden, nicht wegen seiner Herkunft, sondern, weil er der Erkorene war.