Es war heute angenehm warm und in der ganzen Stadt war das Klopfen von H?mmern zu h?ren. Es herrschte gesch?ftiges Treiben auf den M?rkten und viele Geb?ude, Stra?en und Monumente wurden wieder instandgesetzt. Nach der Revolution gab es nun einiges zu richten, selbst wenn in Meglarsbruck vergleichsweise wenig zerst?rt worden war. Es musste aber auch einiges für die kommende Parade hergerichtet werden. Doch schon bevor der Hahn gekr?ht hatte, war überall Werkt?tigkeit zu vernehmen. An einem Tag hatte sich Wenzel die Zeit genommen, um durch die Stadt zu schlendern und zu schauen, was sich alles tat. Es war immer noch dieselbe Stadt, auch wenn jetzt einige andere Leute hergezogen waren und eine Menge an Leuten, die früher hier gelebt haben, nun nicht mehr hier waren. Der Charakter der Metropole blieb derselbe und die Art, wie das Leben für die normalen Bürger, Handwerker und Bauern ablief, blieb auch dieselbe. Die B?cker standen schon sehr früh auf, um das Brot zu backen, die Schneider machten Kleider, die Maurer und Dachdecker errichteten Geb?ude und die Soldaten sorgten für Ordnung. Alles wie gehabt. An der Oberfl?che schien die Welt immer noch dieselbe zu sein. Doch darunter hatte sich so einiges getan.
Da Wenzel seine neue, ?offizielle“ Kleidung trug, erkannten ihn die Leute natürlich, als er mit ein paar Garden durch die Stra?en zog. Viele kamen heran und, um nicht gemobbt zu werden, eilte er schnell weiter. Er mochte es nicht, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das n?chste Mal würde er gerne einfache Kleidung tragen, um nicht aufzufallen. Diesbezüglich hatten jedoch alle im Palast, selbst seine Wachen, Unstimmigkeiten mit ihm, da es ?sich nicht gebührte“ und er ihnen au?erdem verloren gehen konnte. Wenzel verstand diese Argumente, aber er wollte trotzdem, dass ihm andere ?normal“ begegneten. Er bummelte umher, vorbei an Steinhauern, die eine ganze Reihe an gro?en wei?en Marmorstatuen bearbeiteten, welche seinen Blick auf sich zogen. Als die Gefolgschaft sp?ter zurückkehrte a? der Bursche ein einfaches Mittagessen mit Amalie. Ferenc und Brahm waren gerade mit etwas anderem besch?ftigt und Peter war nach ein paar Tagen mit einer schriftlichen Begnadigung und einem Schirmbrief des Kaisers in spe wieder zu seinen Eltern nach Hause gefahren. Amalie mochte das Essen nicht besonders, aber beschwerte sich nicht. Dies bekam Wenzel überhaupt nicht mit.
Als sie dann fertig waren, hatte der junge Mann allerdings eine Frage an sie. ?Hey, hast du heute Nachmittag Zeit?“ Natürlich hatte sie Zeit, denn es gab für sie momentan wenig hier zu tun. ?M?chtest du vielleicht jetzt am Nachmittag ein Stück mit mir spazieren gehen.“ Das M?dchen überlegte kurz und antwortete dann: ?Wenn du willst, ja sicher. Aber warst du nicht heute Vormittag schon in der Stadt?“ – ?Wir gehen nicht in die Stadt.“ – ?Wohin dann?“, fragte sie überrascht. Wenzel erwiderte: ?Hinaus in die Natur. Ich liebe die Natur.“ Danach informierte er die Kaisergarden, dass er eine kurze Zeit lang au?er Haus sein würde und sie ihn nicht suchen sollten. Die Gardisten hie?en seine Idee zwar nicht gut, hielten ihn aber auch nicht davon ab. Immerhin hatte er ihnen mitgeteilt, dass er nicht da sein würde, im Gegensatz zum letzten Mal…
Amalie zog sich sch?n an, w?hrend Wenzel sich relativ gew?hnliche, wenn auch nicht h?ssliche Kleider anzog. Als das M?del das sah, war sie doch ein klein wenig verwundert. Ihr wurde aber schnell klar, was genau der Kerl vorhatte. Sie gingen hinaus auf einen Balkon und Wenzel sagte: ?Halt dich an mir fest, okay. Wir fliegen diesmal wieder. Das kennst du ja eh schon.“ So taten sie das dann und flogen über die hohen D?cher Meglarsbrucks und über die dicke, jahrhundertealte Stadtmauer hinaus aufs Land. Sie überflogen einen Haufen grün sprie?ende Felder und weite, hügelige Ebenen. Dies waren die fruchtbaren Lande Mittelordaniens, das Herz das Reiches und die Kornkammer von Kaphkos. Auf den Feldern sahen sie hie und da Bauern und ihre Knechte schuften. Der Magier hielt Ausschau nach einem Ort, wo niemand sie st?ren konnte. Auf einem gro?en, einsamen Feld setzte er dann zur Landung an. Wenzel setzte die mit ihm Verabredete auf ab und beide begannen einfach planlos nebeneinander loszugehen.
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Es war ein wundersch?ner Tag und die Sonne war angenehm warm auf der Haut. Eine sanfte Brise wehte über die Hügel und lie? das noch grüne Korn im Wind schwingen. ?Ist es nicht sch?n hier?“, fragte Wenzel. ?Ja, ist es wirklich. Was für eine idyllische Gegend“, musste ihm Amalie zustimmen. Daraufhin meinte der Bursche: ?Ja, Ordanien ist so ein sch?nes Land. Im letzten Jahr konnte ich tausendmal mehr davon sehen, als ich jemals in meinem Leben hatte. Seine frischen B?che und m?chtigen Str?me, seine Berge, T?ler und seine stillen W?lder. Früher hatte man mich nur eingesperrt. Dadurch konnte ich all diese Sch?nheit nicht erleben.“ – ?Bist du gerne allein in der Natur?“, erkundigte sich das M?dchen nun. Wenzel entgegnete: ?Auf jeden Fall. Aber immer allein sein hat nur seinen Reiz, wenn man die restliche Zeit nicht allein ist.“ Man k?nnte hier nun eine Vermutung anstellen, was er damit sagen wollte. Jedoch lie? er dieser Aussage nichts mehr folgen. Die beiden spazierten einen Moment still durch die weiten Felder.
?Ich wünschte ich k?nnte fliegen. Das muss ein unglaubliches Gefühl der Freiheit sein, wenn man so etwas jederzeit kann.“ Amalie gefiel anscheinend das Fliegen. Der junge Mann sinnierte aber etwas über das, was sie gesagt hatte. Dann antwortete er: ?Das ist alles eine Frage der Perspektive. Wenn ich nicht fliegen, also Magie benutzen k?nnte, w?re mein Leben ein ganz anderes gewesen. Es w?re gew?hnlicher, aber auch weniger riskant gewesen. Vielleicht h?tte ich sogar in mancher Hinsicht mehr Freiheit gehabt, wenn ich kein Magier gewesen w?re.“ Dann lie? er es sich weiter durch den Kopf gehen und bereute seine Behauptung sogleich, da ihm klar wurde, dass alle Menschen in Ordanien in den letzten Jahren einen Haufen Mühsal durchstehen mussten. Es blieb einzig die Hoffnung, dass nun alles wieder besser werden würde. Amalie aber entgegnete: ?Die Frage nach dem ?Was-W?re-Wenn“ ist keine gute Idee. Die Welt ist so wie sie ist und du bist so wie du bist. Das ist nicht zu ?ndern.“ Ein sanftes L?cheln huschte Wenzel daraufhin über die Lippen.
Er lie? einen Augenblick der Stille wirken, dann sprach der Bursche: ?Stimmt. Ich bin so wie ich bin. Aber das hei?t natürlich nicht, dass man seine Ansichten und Gefühle mit der Zeit nicht ?ndert. Selbst das muss aber auch nicht sein.“ Sie blieben stehen. Jetzt z?gerte er ein bisschen, gab sich selbst aber dann einen metaphorischen Ruck. ?Meine Gefühle in Bezug auf dich haben sich seit unserer Zeit in der Schule nicht ver?ndert.“ Amalie schaute ihn gespannt an. Wenzel lie? seinen Blick Richtung Boden fallen und fuhr fort: ?Ich hatte mich damals in dich verliebt und das ist nach wie vor so, nein, es ist sogar noch mehr als damals wahr.“ Das M?dchen wurde rot im Gesicht. Zuerst antwortete sie nicht darauf, dann jedoch überwand sie ihre eigne Schüchternheit, eine Eigenschaft, die sie mit Wenzel teilte. ?Ich liebe dich auch.“ Was sie an Wenzel mochte, war seine Gutmütigkeit, Ruhe und, dass sie auf einer ?hnlichen Wellenl?nge waren. Das sagte sie aber nicht, da die eine Aussage schon all ihren Mut aufgebraucht hatte.
Somit hatten sich die beiden schlie?lich ihre Gefühle füreinander preisgegeben. Sie spazierten dann noch ein ganzes Stück weiter und begannen schlie?lich sogar H?nde zu halten. Sie wollten aber noch nicht, dass die anderen davon erfuhren. Sie wollten die Beziehung langsam entwickeln lassen. Wenzel wusste noch nicht recht, wie er mit all dem umgehen sollte. Er hatte keine Ahnung. Als sie dann sp?ter in den Palast zurückkehrten, hielt ihm Brahm eine Standpauke. Es war verantwortungslos allein und ohne Schutz einfach für ein paar Stunden zu verschwinden. Gleichzeitig betonte sein Freund jedoch, dass er froh war, dass der künftige Kaiser sie zumindest informiert hatte.