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022.2 Thronbesteigung (Teil 2)

  In einem riesigen Saal fanden sich alsbald alle wichtigen Vertreter des neuen Reiches zusammen. Die Herren aller L?nder Ordaniens, und deren wichtigste Lehensm?nner, ebenso wie die Statthalter und anderen Vertreter der anderen K?nigreiche von Kaphkos, die Kirchenvertreter und natürlich August, Theodor und Wenzel. Auch war der Gesandte des camenischen K?nigs anwesend, dessen K?nigreich sich, wie es Theodor korrekt vorausgesagt hatte, den Bedingungen des Heiligen Ordanischen Reiches gefügt hatte. Im Grunde waren alle mit Rang und Namen oder zumindest deren Vertreter zugegen. Es war ein gro?er Moment, denn heute würden die neuen Institutionen beschlossen und etabliert werden. Wie nun mittlerweile üblich übernahm August den Vorsitz. Er erhob die Stimme: ?Meine Herrschaften, ich begrü?e sie hiermit zum ersten Reichstag seit über achtzig Jahren. Ich m?chte Sie bitten, sich zu setzen.“ Ein Haufen Gequietsche hallte nun durch den gro?en Saal von den Stühlen, die beim Hinsetzen der Geladenen am Boden herumgeschoben wurden. Als dann jeder niedergelassen war, konnte die ?Besprechung“, die man wohl eher als Bekanntgabe dessen, wie nun die Dinge im Land abliefen, verstehen sollte, beginnen.

  ?Das Reich wird nun von oben bis unten umgekrempelt!“, begann August seine Erl?uterungen. Hier vor mir habe ich die notwendigen Dokumente, deren Inhalt ich zuerst erkl?re und dann durchreichen werde, bis alle sie unterzeichnet haben. Danach werden sie hier herauf ans Tischende wandern, um von seiner Majest?t die finale Unterschrift zu bekommen.“ Er meinte damit Wenzel. ?Dann erst haben sie ihre rechtliche Gültigkeit. Haben dies alle Anwesenden verstanden.“ Die Herren gaben alle ihre verbale Best?tigung, wobei Manche auch nur nickten. Der Mann fuhr fort: ?Gut. Nun denn, die erste Angelegenheit ist die regelm??ige Versammlung aller St?nde im Reich, welche fortan als ?Reichstag“, als Nachfolger der gleichnamigen Institution unter den Melgarionen, eingerichtet werden soll. Die Versammlungen sollen künftig halbj?hrlich stattfinden und wichtige Angelegenheiten auf Reichsebene behandeln.“ Er reichte das Dokument durch und die ersten setzten ihre Unterschrift darunter. Wenzel blickte unterdessen hinauf zur Decke, auf der ein altes Fresko, das Melgar abbildete zu sehen war. Es war bis zur Unkenntlichkeit abgerieben worden, und zwar von denjenigen, die den ersten Erkorenen so tief und inbrünstig hassten.

  ?Zudem werden künftig auch die anderen K?nigreiche, welche künftig vollwertig unter die Souver?nit?t des Heiligen Reiches fallen, ihre eigenen St?ndeversammlungen bekommen, um die mehr lokalen und nationalen Belange handzuhaben. Die Autorit?t des Reichstages steht im Zweifelsfall immer über der der jeweiligen Landtage. Dann kommen wir noch zur Angelegenheit der Zentralstaatlichen Einrichtungen und ?mter. Die Regierung am Hof in Meglarsbruck ist die einzig legitime des Reiches. Jegliche Weigerung dies anzuerkennen oder deren Befehlen zu gehorchen wird als Rebellion gewertet werden. Deren künftige Vertreter werden absteigend in ihrer Bedeutung sein: Der Souver?n, Seine Majest?t Wenzel Althun. Dann haben wir den Obersten Marschall Theodor Kuhn und den Reichskanzer August Vogt.“ Schlie?lich fuhr der Mann fort alle neu ernannten Minister aufzulisten. Wenzel h?rte nur mit einem Ohr zu, da er geistig damit besch?ftigt war, das Theodor nun offenbar einen Nachnamen hatte. Bei genauerer überlegung wurde ihm aber klar, dass dieser tats?chlich nie einen hatte und sein neuer Nachname eindeutig nicht kascharisch war. Vermutlich hatte er den Namen Irnfrids übernommen, weil er, nun da er sehr wichtig war, einen solchen ben?tigte. Normalerweise hatte n?mlich das einfache Fu?volk keine Nachnamen.

  Sowieso blieb Theodor der Oberbefehlshaber der Streitkr?fte, doch August übertrug sich das wichtigste politische Amt im Staat. Nicht, dass er dem nicht gewachsen war, nur war der Aufstieg vom Stabschef einer Gruppe an Aufst?ndischen zum h?chsten politischen Amt in Ordanien ein sehr steiler. Wenzel war nicht gerade zufrieden damit, aber er wusste, dass dies vollkommen Sinn machte und traute sich zudem auch nicht den Entscheidungen, die sie alle besprochen und getroffen hatten, zu widersprechen. August war ja auch ein durchaus kluger und überragend f?higer Mann. Die M?rtyrerbrigaden würde es künftig nicht mehr geben. Sie würden zur Heiligen Ordanischen Armee umbenannt werden und künftig das regul?re stehende Heer des Kaiserreiches sein. Nun kamen die ersten Pergamente bei Wenzel an und er begann sie eines nach dem anderen zu unterzeichnen. Einstweilen adressierte August aber eines der Themen, worüber der Zauberer einst von Theodor auch schon erfahren hatte.

  ?Es wird ein eigenes Komitee aufgestellt eingerichtet, welches sich um die übergabe vom Besitz antirevolution?rer Kr?fte an diejenigen, die dem Reich treu geblieben waren, kümmert. Bitte lesen Sie sich diesbezüglich auch das Dokument noch genauer durch. Ich werde es nicht zur G?nze hier vorlesen. Als dieses spezifische Schriftstück dann Wenzel erreichte, tat er das ausnahmsweise. Es war darin zwar die Rede davon, dass an Verbündete neue Adelstitel ausgegeben werden sollten, doch sonst war nichts Weiteres erw?hnt. Somit konnten zwar ein paar glückliche Seelen bei dieser Gelegenheit nun gesellschaftlich aufsteigen, doch vom Ende der Leibeigenschaft war nirgendwo die Rede. Die M?rtyrer hatten dieses Versprechen, welches ohnehin nie einen Konsens innerhalb der Organisation hatte, gebrochen! Dies hinterlie? einen üblen Nachgeschmack in Wenzels Mund. Die meisten anderen Dinge waren ihm relativ egal. Landtage, Reichstage, neue ?mter, was auch immer! Aber dies würde nichts am Leben der Menschen im Reich ?ndern. Er sagte aber nichts dazu.

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  Am Ende wurden alle Beschlüsse angenommen, denn keiner hatte den Mut sich den Revolution?ren zu widersetzen. All dies war auch schon in Vorbereitung auf das, was in wenigen Tagen stattfinden würde. Schlie?lich wurde das Treffen beendet und alle Teilnehmer verlie?en langsam den Saal. Wenzel, begleitet von seinen Veteranenleibw?chtern Brahm und Ferenc, tat es ihnen gleich. Auf dem Weg hinaus redeten die drei nun noch ein wenig. ?Mann! Du siehst ja total fertig aus, Wenzel!“, machte Brahm die Beobachtung. Der Bursche reagierte nicht einmal auf die offensichtlich korrekte Feststellung. Sie drei schritten weiter über die Marmorfu?b?den mit gutem Abstand zu den ganzen Adeligen und hohen Herren. Für diese würde es heute noch ein Bankett geben, wobei Wenzel kein Interesse an seiner Teilnahme daran hatte. Mit diesen Schn?seln wusste er sowieso nicht, was er reden sollte. Nun hatte Ferenc aber noch eine Frage an seinen Freund: ?Du, Boss! Wie sieht denn die Sache zwischen dir und dem M?dchen aus, mit dem du jetzt immer ?fter Zeit verbringst? L?uft da was?“ Wenzel war überrascht. Voller Verlegenheit antwortete er nicht. Die beiden sahen das und lie?en die Angelegenheit momentan lieber auf sich Ruhen. Sowieso waren standen jetzt wichtige Dinge an, die sie alle, ja, auch Wenzel, vorbereiten mussten. Der Tag der Kr?nung rückte in greifbare N?he.

  Schlie?lich war dann der gro?e Moment endlich gekommen. Es war mittlerweile spürbar Sommer geworden und somit hei?. Alles war bereit. Die Stra?en waren blitzeblank gefegt und die Repr?sentationsbauten entlang der Paradestra?en waren wieder in Schuss gebracht und sch?n angestrichen. Wie einst zu Zeiten der Melgarionen waren nun wieder einige der D?cher mit gelben Dachziegeln neu gedeckt worden, welche heraldisch als ?golden“ verstanden werden sollten. Meglarsbruck, jene Stadt, die nach dem Erkorenen benannt war, auch wenn sich die Aussprache über die Jahrhunderte ein wenig verzwirbelt hatte, sollte wieder die ?Goldene Stadt“ werden. Nicht nur die Fahnenmasten aller wichtigen Einrichtungen waren beflaggt, sondern es waren auch überall in der Stadt auf Laternenmasten, H?userfassaden und so weiter, die Sonnenfahnen des Heiligen Ordanischen Reiches gehisst. So, wie es einst Theodors Traum gewesen war, war nun wahrhaftig die Sonne über Ordanien wieder aufgegangen!

  Vertreter aller Lande und K?nigreiche waren hier. Entlang der Route, die vom Kaiserpalast zur Verkündigungskathedrale führte str?mten immer mehr Menschen herbei, um diesem historischen Ereignis beizuwohnen. Achtzig Jahre nach dem Fall der Melgarionen wurde heute nun wieder ein neuer Erkorener zum Kaiser gekr?nt und damit eine neue ?ra beginnen. Unmengen an Schaulustigen kam schon von früher Stunde an zusammen. Das war wenig verwunderlich, da man den Tag der Thronbesteigung nun auch zum Feiertag erkl?rt hatte. Die Einwohner der Stadt s?umten die Stra?en in Scharen, als schlie?lich Wenzel, gefolgt von seiner Garde die Stufen des riesigen Palastes hinabstieg und gemeinsam mit diesen sein Pferd sattelte und losritt. Er hatte darauf bestanden, dass er nicht mit einer Kutsche chauffiert wird, ?da er ja nur eine Person war“. Der junge Mann trug eine überaus pomp?se Aufmache mit rotem Umhang und einigen Milit?rabzeichen auf der Brust, zu denen Theodor gemeint hatte, dass sie seine Verdienste in den Schlachten der Revolution symbolisierten, weshalb er von ihm verlangte, diese zu tragen. Technisch gesehen, hatte Wenzel sich die Ehrenabzeichen selbst verliehen, auch wenn das Ganze nicht einmal seine Idee war. Ihm pers?nlich war das egal, aber er respektierte die Tradition. über die durch Soldaten abgesicherte und von jubelnden Bürgern ges?umte Allee trabte er nun gemütlich in die Innenstadt hinunter. Er kam schlie?lich direkt vor der Kathedrale an, wo ein gigantischer Andrang war.

  Er stieg von seinem Ross ab und seine wie sonst auch in rot-wei? gekleideten Garden taten es ihm gleich. Er warf einen Blick hinauf zur Fassade des gr??ten Gotteshauses in ganz Kaphkos. Es war noch immer so imposant für ihn, wie damals, als er es das erste Mal zu Gesicht bekommen hatte. In den untersten Reihen der Statuen, die die alethischen Ikonoklasten verunstaltet hatten, waren die ersten paar bereits restauriert worden. Die vollst?ndige Wiederherstellung dieses monumentalen Geb?udes, welches über zweihundert Jahre gebraucht hatte, um fertiggestellt zu werden, würde noch lange dauern. Dann verzog sich aber eine Wolke, welche die Sonne teilweise verdeckt hatte, und zwang den Magier seine Augen vor den grellen Lichtstrahlen dieser zu schützen. Er ging nach vorne, zum Hauptportal, der Kirche, wo alle auf ihn warteten. Davor wehten die Flaggen der Teleiotischen Kirche, sprich die altgl?ubige Kommune, welche nun wieder den alleinigen Anspruch stellte, ?wirklich“ teleiotisch zu sein, und die des Heiligen Reiches. Es war ein Haufen Radau, als Wenzel sich vor den Stufen der Kathedrale hinstellte und einen Reihe an Uniformierten sich um ihn herum positionierten. Die Zeremonie konnte nun beginnen.

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