Glück und Erleichterung durchstr?men sie, als sie wieder auf ihrem Pferd sitzt und durch den Wald aus bunten Bl?ttern reitet. Und diesmal erlaubt sie sich alle Emotionen bis ins kleinste Detail auszukosten.
Ein L?cheln legt sich auf ihre Lippen und die Sonne, die durch die Wipfel der B?ume bricht, scheint sowohl ihr Gesicht als auch ihr Inneres zu erw?rmen. Sie schlie?t die Augen und l?sst sich ein wenig von der Ruhe in ihrem Geist forttreiben.
Sie sind schon eine Weile unterwegs, als ihr auff?llt, dass sie noch einmal ihr Gefolge überprüfen sollte. Die Ritter hatten gestern wieder bis tief in die Nacht gefeiert und es scheint ihr nicht allzu unglaubwürdig, dass der ein oder andere vielleicht verschlafen haben k?nnte.
Sie h?lt das Pferd an und z?hlt im Vorbeiziehen die M?nner und Frauen. Als der h?lzerne Wagen mit dem Schandkorb an ihr vorbeirattert, wirft sie einen kurzen Blick auf den Elfen.
Zusammengekauert und kraftlos sitzt er in seinem K?fig, das Gesicht zwischen seinen Armen verborgen. Er scheint fast noch ersch?pfter zu sein als diejenigen unter den Rittern, die bis zum Morgengrauen mit Wein und Tanz besch?ftigt waren.
Jetzt, wo sie darüber nachdenkt, f?llt ihr auf, dass er sie, seit er vor die Oberin zitiert wurde, auch nicht mehr versucht hat, zu provozieren. Die Hinrichtung, welche sie verhindert hatte, schien ironischerweise das Leben aus ihm gesaugt zu haben.
Gerade ist die Fürstin guter Laune und so entschlie?t sie sich, den Spie? für heute umzudrehen.
Sie gibt ihrem Pferd einen Stups, um mit dem Wagen mitzukommen und bemerkt fast wie nebenbei:
“Man würde denken, jemand, dessen Leben gerade verschont worden ist, würde ein glücklicheres Gesicht machen.”
Zuerst kommt nur ein Schnauben aus der Richtung des Elfen und für einen stillen Moment denkt sie, dass er wohl nicht einmal mehr die Kraft besa?, sich zu verteidigen. Schlie?lich hebt er doch den Kopf und faucht giftig zurück:
“Für einen Scharfrichter, der gestern beinahe ein Leben genommen h?tte, hast du verflucht gute Laune.”
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Sie seufzt nur theatralisch und erwidert, ohne ihn anzusehen:
“Nun, was soll ich sagen. Arbeit ist Arbeit. Und sei sie noch so blutig, jemand muss sie ausführen.”
Als sie wieder zu ihrem Gefangenen blickt, starrt er sie aus zornigen Augen an, doch sagt nichts.
Sie wendet sich wieder ab und beide schweigen einen Moment lang. Der Vampir setzt sich schlie?lich auf und lehnt sich mit dem Rücken an seinen K?fig. Wie im Plauderton erw?hnt er:
“Rhiscea Nypan also. Es wundert mich, dass ich nicht früher draufgekommen bin, schlie?lich f?llt hier der Apfel nicht weit vom Stamm.”
Am Ende des Satzes stiehlt sich in seinen gespielt sorglosen Ton eine Bitterkeit.
Kurz überlegt die Fürstin, ob sie den Vampir verbessern soll, schlie?lich ist sie nicht die leibliche Tochter der Oberin, doch entscheidet sich dagegen. Das sind Dinge, die ihn nichts angehen.
“Ist es auch nur Arbeit, wenn du für die Hexe Kinder folterst?”, unterbricht er ihre Gedanken, w?hrend er immer noch vor sich in die Leere starrt, als würde er mit sich selbst reden.
Hatte er nichts aus dem gestrigen Morgen gelernt oder fühlte er sich jetzt so sicher, weil sie seine Exekution unterbrochen hatte?
Sie will ihn gerade ermahnen, als er ihr ins Wort f?llt. Diesmal blickt er sie direkt an und sie kann die Wut spüren, die aus seinen Augen funkelt.
“Als ihre Tochter musst du doch wissen, was sie hinter dem Rücken von allen anderen macht. Wahrscheinlich hast du es sogar schon selbst ausprobiert. Wie haben dir ihre Schreie gefallen?”
Sein abwertender Gesichtsausdruck gibt ihr den Rest. Erzürnt zieht sie ihr Schwert und sticht es zwischen die Stangen des K?figs. Der Elf schafft es gerade noch auszuweichen, doch die Klinge vor seinem Hals hat ihn an den Rand des K?figs gedr?ngt.
Er scheint ein wenig erschrocken über Rhisceas pl?tzlichen Wutausbruch, aber nicht ?ngstlich.
Mit dem h?lzernen Gitter im Nacken und dem Schwert nur einige Zentimeter vor seinem Adamsapfel, schluckt er, bevor er sie auffordert:
“Na, los, worauf wartest du? Beende das, was du bei der Oberhexe nicht zu Ende führen konntest.”
Er blickt ihr furchtlos in die Augen, das Kinn provokant erhoben, doch sie kann ein leichtes Zittern in seiner Stimme ausmachen.
Kurz überlegt Rhiscea, ihm tats?chlich auf der Stelle die Kehle durchzuschneiden, doch sie gewinnt wieder die Oberhand über ihre Impulse und fragt stattdessen:
“Ist dir dein Leben denn überhaupt nichts wert, dass du lieber sterben würdest, Elf?”
Er l?chelt s?uerlich.
“Wenn du auch nur ein wenig wie deine Mutter bist, wird der Tod mir gn?diger sein, als was auch immer du für mich geplant hast.”
Noch bevor sie sich entscheiden kann, ob sie ihn für diese Beleidigung tats?chlich bluten l?sst, vernimmt sie aus den vorderen Reihen des Zuges ein panisches Wiehern.
N?chstes Kapitel: 30.01. “verr?terische Schlange”